




Nachtcafé
Zeit zu gehen
7-883-448
Talkshow, 90 Min.
Ob in einer festgefahrenen Beziehung, einem unbefriedigendem Job oder manch anderer Situation – jeder kommt im Lauf seines Lebens an Punkte, an denen er sich fragt: Ist es Zeit zu gehen? Schon schwierig genug, für sich selbst die Entscheidung zu treffen, was aber, wenn es noch andere betrifft – etwa bei Trennungen die eigenen Kinder oder im Fall eines Unternehmensgründers die weitere Existenz der Firma. Wann ist es unweigerlich Zeit zu gehen, weil man sich sonst womöglich selbst schadet, und wie gestaltet man seinen Abgang? Und was geschieht in Fällen, bei denen allen anderen klar ist, dass beispielsweise ein Politiker oder Wirtschaftslenker seinen Hut nehmen soll, doch derjenige selbst kommt nicht auf die Idee? Wieland Backes diskutiert im Nachtcafé zum Thema „Zeit zu gehen“ mit Menschen, die in verschiedenen biographischen Situationen die Entscheidung getroffen haben und gegangen sind. Die Gäste: Nana Mouskouri ließ 1961 in Deutschland das erste Mal die „Weißen Rosen aus Athen“ erblühen, im Lauf ihrer Karriere wechselte sie gekonnt zwischen Jazz und Schlager. Die Sängerin gehört mit über 250 Millionen verkauften Tonträgern weltweit zu den erfolgreichsten Künstlern aller Zeiten. Mit 72 Jahren nimmt sie jetzt in einer großen Tournee Abschied von ihren Fans – durchaus ein Rückzug mit Wehmut: „Ich werde die Zuneigung des Publikums sehr vermissen.“ Als langjähriger Spitzenpolitiker weiß Manfred Stolpe wie schwer ein Karriereabschied sein kann. Gleich zwei Mal war es für ihn Zeit zu gehen: 2002 gab er freiwillig sein Amt des Ministerpräsidenten auf, 2005 endete sein Mandat als Verkehrsminister. Während viele seiner Kollegen sich an die Ämter klammern, ging er letztlich leichten Herzens: „Ich habe mich nie für unersetzlich gehalten.“ Das ist bei dem Familienunternehmer Helmut Reißer anders: Mit 74 Jahren ist er noch voll im Geschäft, an Abschied aus seiner Firma denkt er nicht. Tradition verpflichtet, denn seit drei Generationen ist das Sanitärunternehmen aus Böblingen in Familienbesitz. Einen geeigneten Nachfolger zu finden, fällt dem Schwaben schwer – schließlich ist die Firma sein Leben und laut Helmut Reißer ist es für einen Unternehmer „niemals Zeit zu gehen.“ Roland Rasi hingegen musste seinen Hut nehmen. Er gehörte zu den bekanntesten Top-Managern der Schweiz, bis er als Generaldirektor des Schweizer Bankvereins den internen Machtkampf verlor. Er fiel in ein tiefes Loch — die Arbeit weg und das Image zerstört. Drei Jahre brauchte er, um den Schock zu verarbeiten. „Der Verlust meiner Lebensaufgabe war für mich wie die Bewältigung eines Trauerfalls.“ Heute arbeitet er als Rechtsanwalt und berät Führungskräfte, die ebenfalls ihren Job verloren haben. Ute Barzel fand in dem CDU-Politiker Rainer Barzel ihr spätes Liebesglück. Als sie 1997 heirateten, war Rainer Barzel bereits 72 Jahre alt. Dass er über 20 Jahre älter war, störte sie nicht. Doch bereits fünf Jahre später erhielt das Ehepaar die schockierende Diagnose, dass Rainer Barzel unheilbar an Krebs erkrankt war. In seiner letzen Lebensphase begleitete Ute Barzel ihren Mann intensiv bis zum Tod. „Wir haben ganz bewusst in langen Gesprächen noch einmal sein Leben Revue passieren lassen.“ Auch Stefan Guhl lebt mit dem Wissen, dass seine Krankheit schnell fortschreiten kann. Seit seiner Geburt leidet er an Muskelatrophie, seine Muskel- und Nervenfunktionen werden immer weniger. Wenn sein Leiden zu groß und die Schmerzen zu stark werden, will er seinem Leben mit Hilfe der Schweizer Sterbehilfeorganisation Dignitas ein Ende setzen. „Es ist für mich wichtig zu wissen, dass ich diese Hintertür offen habe – das nimmt mir die Angst vor der Zukunft.“ An der Bar: Christa-Maria Gröger Nach einem Seitensprung ihres Mannes folgten für Christa-Maria Gröger acht Jahre voller Zweifel an ihrer Ehe. Nur langsam konnte sie sich eingestehen, dass die Beziehung zu ihrer ersten großen Liebe gescheitert war. Auch die gemeinsam aufgebaute Firma und die mit einer Trennung verbundenen Existenzängste hielten die 58-Jährige lange vor dem endgültigen Schritt zurück. Doch nach 30 gemeinsamen Ehejahren war für sie der Zeitpunkt gekommen, ihre Ehe zu beenden. „Auch wenn mein Weg danach sehr steinig war, bereue ich meine Entscheidung keinen Tag.“
Moderation: Wieland Backes
Gäste: Nana Mouskouri , Manfred Stolpe, Helmut Reißer, Roland Rasi, Ute Barzel, Stefan Guhl, Christa-Maria Gröger