USA 2003 – 10 Staaten Georgia bis New York
(Georgia, Indiana, Kentucky, Ohio, Virginia, Washington D.C., Maryland, Delaware, Pennsylvania, New Jersey, New York)




Im Sommer 1886 erregte in Atlanta ein Schild im Schaufenster von Jacob’s Drug Store die Aufmerksamkeit der Passanten, das den Geschmack und die stärkenden Eigenschaften eines Getränks namens Coca-Cola anpries und für fünf Cent pro Glas angeboten wurde. Aus den Büchern des Drug Stores geht hervor, dass Jacob in diesem ersten Jahr lediglich neun Gläser Coca-Cola pro Tag verkauft hatte. Ein magerer Gewinn für den Erfinder John Pemberton, der 1890 beschloss, das Geheimrezept für das Getränk an den
Apotheker Asa Griggs Candler zu verkaufen. Candler, der ein gutes Gespür fürs Geschäftliche besaß, wurde schließlich der erste Direktor der Coca-Cola-Firma. Jeder weiß, wie diese Geschichte endet: Coca-Cola ist heute das beliebteste Erfrischungsgetränk der Welt, von dem jeden Tag 1,3 Milliarden Dosen und Flaschen an Verbraucher in 120 Ländern verkauft werden.
Es ist kein Zufall, dass Coca-Cola ausgerechnet aus Atlanta stammt. Georgias Hauptstadt scheint irgendwie prädestiniert. zu sein, allbekannte Ikonen zu produzieren. Als Coca-Cola erfunden wurde, war Atlanta noch eine Kleinstadt. Doch obwohl es schon vierzig Jahre zuvor nahe der Südhänge der Appalachen gegründet worden war, hatte es sich bereits einen Namen in der amerikanischen Geschichte verdient. Als sich nämlich im Bürgerkrieg 1864 das Blatt wendete, brannte es die Unionsarmee unter Führung von General Sherman komplett nieder. Dieses dramatische Ereignis wäre für immer auf die Seiten amerikanischer Schulbücher verbannt gewesen, hätte es nicht Margaret Mitchell in ihrem Roman Vom Winde verweht erzählt, und hätte nicht das Schicksal Taras und die letzten Küsse zwischen Scarlett O’Hara und Rhett Butler Millionen von Menschen in der Hollywoodverfilmung mit Vivien Leigh und Clark Gable zu Tränen gerührt.
Etwas später, am 15. Januar 1929, wurde in einem bürgerlichen Haus in der Auburn Avenue im afroamerikanischen Viertel von
Atlanta Martin Luther King jr. geboren. Auch er ist eine Person, die nicht extra vorgestellt werden muss. Durch seine Worte „Ich habe einen Traum“ erkannten Millionen von Afroamerikanern, dass ihre Zeit nun gekommen war, die rechtmäßige Anerkennung
und Gleichstellung in allen öffentlichen, privaten, sozialen und kulturellen Einrichtungen zu fordern. Atlanta ist auch die Heimat von CNN, Ted Turners Fernsehsender-Imperium, das die Nachrichtenerstattung auf internationaler Ebene revolutionierte. Und 1966 durfte die Stadt die olympischen Spiele ausrichten. Immer wieder verdient sich Atlantas Flughafen das Prädikat ,,verkehrsreichster der Welt“, denn dort werden pro Jahr 110 Millionen Passagiere (2019) sowie 900 000 Flüge abgefertigt.
Atlanta ist eine typisch amerikanische Stadt. Im Zentrum drängen sich die Wolkenkratzer – darunter das Gulf Oil Building (1952), eines von I.M. Peis ersten großen Projekten, sowie das Bank of America Plaza (1992), das mit 312 Metern das größte Gebäude der Südstaaten ist. Ebenfalls erwähnenswert ist das Einkaufsviertel ,,Underground“, das dort entstand, wo die Unionsarmee ihr feuriges Abschiedsgeschenk hinterließ. Dort befindet sich auch das Museum mit Memorabilien der Coca-Cola Company. Besucher können außerdem das historische Viertel mit den afroamerikanischen Häusern der Mittelschicht besichtigen, durch das ein Weg direkt zum
Geburtshaus von Martin Luther King jr. führt, den legendären Royal Peacock Club, wo Louis Armstrong und Aretha Franklin auftraten, sowie das Atlanta Life Insurance Building, das von 1920 bis 1980 der Sitz der erfolgreichsten privaten afroamerikanischen Firma des Landes war. Im Midtown-Bezirk befindet sich das High Museum of Art mit seiner außergewöhnlichen Kunstsammlung. Der neue Flügel von Renzo Piano wurde erst kürzlich an das ältere Gebäude von 1983 (ein Entwurf von Richard Meier) angefügt. Sehr stolz ist die Stadt auch auf den Centennial Olympic Park, in dem die Olympiade stattfand und der anschließend in einen großen Freizeit- und Vergnügungspark umgewandelt wurde.
Die City ist umgeben von Wohngebieten mit relativ anonym wirkenden Häusern. Eine dieser Gegenden birgt jedoch eine Überraschung. Es handelt sich um Sandy Springs, in dem sich das Concourse Corporate Center befindet, Amerikas höchstes Vorstadtgebäude. Trotz dieses Rekords bezeichnen jedoch die fast vier Millionen Einwohner Atlantas den riesigen Granitberg Stone Mountain 25 Kilometer östlich von Atlanta als ihren Lieblings-„Wolkenkratzer“.








2 Stunden Gottesdienst und ein Pastor in Rage
Weiter über Cincinatti in die Hauptstadt:




Der erste Präsident der Vereinigten Staaten, George Washington, prophezeite 1792, dass die Bürger, falls das Land vereint bliebe, eine derart grandiose Hauptstadt errichten werden, an die keine europäische Hauptstadt heranreiche. Den Ort, an dem diese Stadt entstehen sollte, legte er höchstpersönlich fest, nämlich am Ufer des Potomac River, zwischen Maryland und Virginia, und mit dem Entwurf der von ihm als Federal City bezeichneten Stadt hatte er den französischen Architekten Charles L’Enfant beauftragt. Und L’Enfant war begeistert von der Vorstellung, seinen Namen unter die Pläne für die Hauptstadt eines Landes zu setzen, das von dreizehn Kolonien auf fünfzig Staaten und von drei Millionen auf fünfhundert Millionen Bürger anwachsen würde“.
Im Oktober jenen Jahres begannen die Bauarbeiten an der Residenz des Präsidenten, ein Entwurf des irischen Architekten James Hoban. Washington selbst überwachte den Bau, nachdem es zu Problemen bezüglich des Budgets und des Zeitplans gekommen war. Doch leider konnte er das Gebäude, das heutzutage jeder das Weiße Haus nennt, nie selbst beziehen. Der erste Präsident, der dort wohnen durfte, war John Adams im Jahr 1800. Seitdem verlegt jeder Präsident der Vereinigten Staaten für die Dauer seiner Amtszeit seinen Wohnsitz in das Haus in der Pennsylvania Avenue 1600, die berühmteste Adresse der USA – oder vielleicht auch der ganzen Welt.
Unglücklicherweise erlebte Washington auch nicht die Fertigstellung der nach ihm benannten Stadt, deren historische Gebäude – dank L’Enfants visionären Plänen – sie zu der europäischsten Metropole der USA machen. Zunächst war für die Stadt eine Fläche von 258 Quadratkilometern vorgesehen, doch dann gab man einen Teil des Landes, wo sich der Arlington Cemetry und das Pentagon befinden, an den Staat Virginia zurück. So ist der District of Columbia – das Gebiet, in dem die Stadt erbaut wurde, benannte man nach Christoph Columbus – nur 179 Quadratkilometer groß. Genau im Zentrum stehen das Capitol Building, in dem der US Kongress tagt, und die National Mall, eine parkähnliche Grünfläche mit dem Washington Monument. Dieser 162 Meter hohe weiße Obelisk wurde 1885. zum Andenken an den ersten Präsidenten der USA errichtet und gilt noch heute als höchstes Steinbauwerk der Welt.
Als Verwaltungszentrale des Landes besitzt Washington noch viele weitere historisch interessante und politisch bedeutsame Gebäude. Zu den wichtigsten zählen die Library of Congress, die rund um das Jefferson Building entstand und die hundert Millionen Dokumente beherbergt (darunter 26 Millionen Bücher und 36 Millionen Manuskripte, Karten und Fotografien), aber auch die riesige National Gallery of Art und die Smithsonian Institution. Als eines der führenden Forschungszentren der Weltbesitzt das Smithsonian vierzehn Museen, mehrere Galerien und sogar einen Zoo. Seine Sammlungen sind unüberschaubar und nur ein Prozent davon kann kontinuierlich ausgestellt werden.
Drei weitere Bauwerke sind für die demokratische Entwicklung der USA und dessen neuere Geschichte von Bedeutung.
Das Lincoln Memorial von 1922 wurde zu einem Symbol für Amerikas Bemühungen in Sachen Bürgerrechte: Auf seinen Stufen hielt Martin Luther King jr. 1963 seine berühmte Rede. Das Gebäude, das einem griechischen Tempel nachempfunden ist, besitzt 36 Säulen, die für die 36 Staaten des Landes zu Zeiten Präsident Lincolns stehen. Das Holocaust Museum für die Opfer des Nationalsozialismus liegt nicht weit entfernt vom Washington Monument und das Vietnam Veterans Memorial steht in der Nähe des Lincoln Memorial. Das Vietnam Memorial aus dem Jahr 1982 wurde von Maya Lin entworfen, einer zwanzigjährigen Yale Studentin. Heute ist es das meistbesuchte Monument von Washington.
Kritiker bemängeln Washingtons Anonymität. Dazu kommt noch, dass es nicht einmal eine Skyline besitzt – was Amerikas Vorliebe zum Kolossalen nicht gerade entgegenkommt -, weil die Bauordnung Gebäude mit mehr als dreizehn Stockwerken verbietet. Für seine Bewunderer jedoch stellen Washingtons Kuppeln und Kolonnaden eine Fortsetzung der Tradition der europäischen Renaissance dar. In Wirklichkeit ist die Hauptstadt der mächtigsten Nation der Welt aber vielleicht nur die wahr gewordene Vision eines Präsidenten.










Providence Hospital Washington

An Halloween 2003 ein Roadtrip nach New York City















